Mittwoch, 25. Januar 2017

Leistungsbilanzbremse statt Schuldenbremse

In einem sehr lesenswerten Artikel empfiehlt der Doyen der deutschen  Volkswirte, Carl-Christian von Weizsäcker, eine Abkehr von der Schuldenbremse und die Einführung einer Leistungsbilanzbremse, die für Deutschland einen ausgeglichenen Außenhandel erzwingen würde. Er schreibt zusammenfassend:
Nach dem Brexit empfiehlt sich für Deutschland als wichtigste Volkswirtschaft im Euro-Raum der Übergang von der Schuldenbremse zu einer Leistungsbilanzbremse .... Eine annähernd ausgeglichene deutsche Leistungsbilanz ließe sich durch Mehrwertsteuer-Senkungen und somit staatliche Nettoneuverschuldung erreichen. Der Zinssatz für Staatsanleihen könnte angesichts der Sparschwemme bei null bleiben. Dieser Politikschwenk würde den Euro stabilisieren, da die schwachen Euro-Länder bessere Exportchancen erhielten. Zugleich wäre die Gefahr gebannt, dass eine Erholung der schwachen Euro-Länder dadurch wieder gebrochen wird, dass es zu einer neuerlichen Aufwertung kommt, die das Wachstum beeinträchtigt.
Von Weizsäcker argumentiert, dass eine direkte Nachtfrageausweitung per Staatsverschuldung einer Anpassung der Leistungsbilanz durch massive Lohnerhöhungen in Deutschland vorzuziehen sei. Letzteres hatte ich in einem früheren Blog befürwortet, allerdings unter der Prämisse, dass Nachtfrageausfälle durch Steuersenkungen ausgeglichen werden sollten. Mich überzeugt das Argument, vor allem wegen seiner leichteren politischen Durchführbarkeit.

Übrigens ist Deutschland gesetzlich (im Stabilitäts- und Wachstumsgesetz und auch in europäischen Übereinkünften) zu einem ausgeglichenen Außenhandel verpflichtet, ignoriert diese gesetzliche Vorgaben aber sträflich und macht sogar Gesetze wie die Schuldenbremse, die mit diesen Verpflichtungen inkompatibel sind. So wird der Zusammenhalt der europäischen Union und die Prosperität in Deutschland und Europa gefährdet.


Nachtrag (26.1.2017): von Weizsäckers Beitrag gibt es hier auch frei auf dem Netz.

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