Mittwoch, 14. Dezember 2016

Kontrakttheorie

Oliver Hart hat sich in einem telefonischen Interview anläßlich der Benachrichtigung über seinen Nobelpreis zur Bedeutung der Kontrakttheorie für die Ökonomie wie folgt geäußert:

Nun, ich denke dass die Kontrakttheorie und die Betrachtung von Verträgen einen unglaublich fruchtbaren Zugang zu einigen Bereichen der Ökonomie bieten. Verträge sind einfach grundlegend, die Vorstellung dass Handel immer ein quid pro quo beinhaltet, dass  jede ökonomische Transaktion zwischen zwei Seiten stattfindet -- zwischen einem Käufer und einem Verkäufer oder einen Arbeitgeber und einem Arbeitnehmer oder einem Kreditgeber und einem Kreditnehmer --  dass dies so strukturiert ist kann sehr fruchtbar aus dem Gesichtspunkt heraus verstanden werden dass damit die Effizienz verbessert werden soll und dass beide Seiten einen Anreiz haben die Transaktion so zu gestalten, dass sie den größten Wert erzeugt. Sehen Sie, in einfachen Zusammenhängen denken die Leute oft dass eine Seite die Vertragsbedingungen diktiert. Es mag so aussehen, jedoch auch dann wird die Vertragsseite, die die Vertragsbedingungen vorgibt diese Bedingungen so wählen, dass sie für die andere Seite akzeptabel sind und den größten Wert erzeugen, denn wenn noch Geld auf dem Tisch liegen bleibt kann man einen besseren Vertrag schreiben. Dies ist eine sehr gute Seite ökonomischer Transaktionen und man versteht dies aufgrund der Vertragsgestaltung.
Man sollte die einzelnen Formulierungen nicht auf die Goldwaage legen, schließlich war das ein überraschendes Interview früh morgens. Es gibt aber eine sehr schöne Charakterisierung der Sicht der Vertragstheorie, wie sie wohl von den meisten Mikroökonomen geteilt wird.

Ich selbst sehe das anders.

Sonntag, 11. Dezember 2016

Kalifornien und Trump-Land

Robert Reich schreibt:
Kalifornien ist das Zentrum des liberalen Amerika ... Im Gegensatz zum Rest von Amerika haben die Kalifornier Hillary Clinton im Verhältnis 2 zu 1 den Vorzug gegeben. Sie haben auch dafür gestimmt, die Zusatzsteuer für die Reichen auszuweiten, lokale Wohnungsbaumaßnahmen und Verkehrsvorhaben sowie vielerlei lokale Steuererhöhungen und Verschuldungsmaßnahmen zu unterstützen.
Mit anderen Worten: Kalifornien ist das Gegenteil von Trump-Land.
Die Unterschiede gehen aber noch weiter. Seit Jahren haben die Konservativen behauptet dass niedrige Steuern, wenig Regulierung und niedrige Löhne Voraussetzungen für eine gesunde Wirtschaft seien. Haben die Konservativen recht? An einem Ende der Skala stehen Kansas und Texas, Staaten mit den niedrigsten Steuern, den wenigesten Regulierungen und den niedrigsten Löhnen. Am anderen Ende steht Kalifornien, mit den höchsten Steuern, besonders der Reichen, den striktesten Regulierungen, insbesondere bezüglich der Umwelt, und dem ehrgeizigsten Gesundheitssystem, ... und hohen Löhnen. Nach konservativer Lehre müssten Kansas und Florida boomen und Kalifornien müßte verarmt sein.
Tatsächlich ist das Gegenteil der Fall.
 Seit etlichen Jahren war das Wirtschaftswachstum in Kansas das schlechteste unter allen Staaten. Im letzten Jahr ist die Wirtschaft dort sogar geschrumpft.
Texas geht es nicht viel besser. Sein Beschäftigungswachstum war unterdurchschnittlich, der Einzelhandelsumsatz ist im Keller und der Wert der Exporte aus Texas ist zurückgegangen.
Was aber ist mit dem angeblich zu hoch besteuerten und zu hart regulierten Hopchlohnland Kalifornien? Kalifornien hat die höchste Wachstumsrate von allen US-Staaten-- mehr als doppelt so hoch wie der US-Durchschnitt. Wenn Kalifornien ein eigener Nationalstaat wäre, hätte dieser die sechstgrößte Wirtschaft der Welt. Die Bevölkerung ist auf 39 Millionen gestiegen (5 Prozent höher als 2010). Kalifornien beherbergt die wachstumsstärksten und innovativsten Industrien -- Unterhaltung und High-Tech. Es gibt hier mehr Startups als irgendwo sonst auf der Welt. In anderen Worten: Es ist genau andersherum als die Konservativen behaupten.
Warum geht es Kansas und Texas so schlecht und Kalifornien so gut? Nun, einmal ermöglichen Steuereinnahmen dass die Staaten in ihre Bürger investieren. Das kalifornische Universitätssystem ist das beste öffentliche Universitätssystem in den USA. Hinzu kommt ein Netzwerk von weiterführenden Schulen, Fachschulen und Forschungseinrichtungen -- eine Quelle für neue Forschungsergebnisse und ein kraftvoller Motor für soziale Mobilität.
Kansas und Texas haben bei weitem nicht in gleichem Maße investiert. Kalifornien stellt auch vielerlei Dienste für die Bevölkerung bereit die besonders auch einer hohen Zahl von Immigranten zugute kommen. Im Gegensatz zu dem was Donald Trump behauptet ist eine solche Diversität ein großes Plus. Ferner schützen die kalifornischen Regulierungen die Gesundheit der Bevölkerung und die Naturschönheiten, die ebenfalls die Menschen nach Kalifornien locken -- einschließlich von Talenten, die sich überall niederlassen könnten.
Die Löhne sind in Kalifornien hoch weil die Wirtschaft so stark wächst dass die Arbeitgeber ihren Arbeitskräften mehr zahlen müssen. Das ist nicht schlecht, denn letztlich ist das Ziel nicht ein hohes Wachstum, sondern ein hoher Lebensstandard.
Um fair zu sein: Die Probleme von Texas hängen mit der Ölschwemme zusammen. Aber das ist keine wirkliche Entschuldigung, denn das kommt daher dass Texas versäumt hat seine Wirtschaft zu diversifizieren. Ach hier hat Texas nicht genug investiert.
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Insgesamt gesehen ist der Kontrast deutlich. Ökonomischer Erfolg beruht auf Steuereinnahmen die in öffentliche Investitionen fließen und auf Regulierungen, die die Umwelt und die Gesundheit schützen. Und wirklicher Erfolg zeigt sich in hohen Löhnen.
Ich weiß nicht wie Kalifornien und Trump-Land in den kommenden Jahren koexistieren werden. Gelegentlich grummeln einige aus dem goldenen Staat bereits von Sezession  und befürchten möglichen Interventionen seitens der Trump-Regierung. Aber bis jetzt straft Kalifornien die konservative Behauptung über niedrige Steuern, wenig Regulierung und niedrigen Löhnen als Voraussetzung für ökonomischen Erfolg Lügen. Trump-Land sollte das zur Kenntnis nehmen.