Donnerstag, 5. Februar 2015

Griechenland sollte sich glaubhaft an seine Zusagen binden


Die Welt beschreibt das  Griechenland-Desaster, Stand 2010 und liefert ein wenig Vorgeschichte. Griechenlands Beitritt wurde durch betrügerische Angaben seitens Griechenlands ermöglicht. Die verantwortlichen europäischen Politiker haben weggesehen. Es gibt auch zu denken was nach dem Beitritt Griechenlands geschah:
Zwar bekam Athen nun viel Geld aus Brüssel, um seine Wirtschaft zu modernisieren. Doch Papandreou setzte stattdessen lieber populistische Wahlkampfversprechen um: Löhne und Sozialleistungen wurden kräftig erhöht. Die Arbeitskosten kletterten jährlich um 20 Prozent - weit schneller als die Produktivität. Vor allem aber führte Papandreou die griechische Tradition fort, Loyalität mit Staatsposten zu erkaufen. So ließ der Regierungschef an einem einzigen Tag im Dezember 1984 gleich 50.000 "außerordentliche Beamte" einstellen.
Nicht nur die griechischen Sozialdemokraten, sondern auch die griechischen Konservativen haben nach diesem Muster stets extrem unverantwortlich gehandelt. Griechische politische Unzuverlässigkeit ist kein bloßes Stereotyp, wie Paul Krugman denkt. Es resultiert nicht daraus, dass wir alle den Film Alexis Sorbas geshen haben, sondern spiegelt die Erfahrung wieder.  Wie können die Europäer sicher sein, dass Tsipras sich nicht ebenso verhalten wird wie Andreas Papandreou, wenn es darum geht, die nächste Wahl zu gewinnen?

Finanzminister Varoufakis ist Mitverfasser eines Buches über Spieltheorie, in dem auch über glaubhafte und unglaubhafte Versprechen geschrieben wird. Auf S. 116 findet sich (auf den Fall der Versprechung gekürzt) folgende Definition:
Ein Versprechen welches, wenn es gehalten wird, der Partei, die dieses Versprechen gemacht hat, mehr kostet als wenn sie das Versprechen verletzt, ist ein unglaubwürdiges Versprechen.
Es wird ihm nicht schwer fallen einzusehen, dass die Europäer ein solches glaubhaftes Versprechen verlangen (ein "credible commitment"). Vielleicht ist das aber auch nicht möglich, denn die gegenwärtige Krise ist wohl nur ein Symptom. Das grundlegende Problem in Griechenland sind die Löhne, und damit die Lohnkosten, die seit dem Beitritt viel zu stark gestiegen sind. Das hat die griechische Wettbewerbsfähigkeit untergraben.

Herr Varoufakis sollte sagen, wie er sich die notwendige Lohnanpassung nach unten  bei der geplanten Beschäftigungsexpansion vorstellt.

Ich persönlich denke, dass wir, wenn den Griechen einfach die Schulden gestundet werden, doch über kurz oder lang wieder vor den gleichen Problemen stehen werden wie jetzt, eben wegen der mangelnden Konkurrenzfähigkeit Griechenlands.

Das Problem ließe sich aber m.E. relativ leicht über regionale Lohnindexierung lösen. Wenn die Griechen sich einer solchen Lösung unterwerfen würden, wäre ihre Wettbewerbsfähigkeit ähnlich wie bei flexiblen Wechselkursen automatisch und ohne Lohndämpfung über Arbeitslosigkeit gesichert. Ansonsten müssten sie über kurz oder lang wieder mit hoher Arbeitslosigkeit zwecks "interner Devaluierung" rechnen.

Ein Einverständnis Griechenlands, einen solchen oder einen gleichwertigen Anpassungsmechanismus einzuführen würde die griechischen Absichten jedenfalls glaubhaft machen. Aber vielleicht findet Herr Varoufakis eine andere glaubhafte Lösung.

Um die nationale Würde Griechenlands nicht zu tangieren, sollte sich Deutschland ebenfalls einem solchen Mechanismus unterwerfen, denn es ist von der vereinbarten Entwicklung ebenso wie Griechenland abgewichen, allerdings in die andere Richtung und in geringerem Ausmaß. Weil Deutschland aber bezüglich der Wirtschaftsleistung viel größer ist als Griechenland, sind beide Abweichungen für Europa ähnlich abträglich. Durch Indexierung würden die Löhne in Deutschland automatisch steigen und die innereuropäischen Ungleichgewichte, über die sich die europäischen Partnerländer zu Recht beschweren, könnten so ebenfalls gemindert werden.

Nachtrag (10.2.2015) Nachdem ich dieses Blog geschrieben hatte habe ich mir die Entwicklung der Reallöhne in Griechenland angeschaut. Ich war davon ausgegangen, dass die Reallohnanpassung noch nicht ausreichend sei. Das ist aber nicht der Fall. Die Reallöhne sind auf ein Normalmaß zurückgeführt worden. Wenn es gelingt, die Binnennachfrage ohne große Lohnerhöhungen zu erhöhen ist eine Beschäftigungssteigerung wohl problemlos möglich. Das ist aber nur eine grobe Einschätzung. Ich werde mir bei Gelegenheit noch die Außenhandelszahlen anschauen.
 

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