Montag, 23. Februar 2015

Die Schuldenbremse schafft Fehlanreize

Ich war immer gegen die Schuldenbremse, vor allem deshalb, weil die Schuldenbremse eine sinnvolle Konjunkturpolitik mittels Fiskalpolitik ausschließt. Das fand ich leichtsinnig. Konjunktursteuerung muss dann zwangsläufig über die Geld-und Zinspolitik erfolgen, was besonders im Niedrigzinsbereich nur schlecht funktioniert und außerdem  unter Allokationsaspekten sehr nachteilig ist. (Nur bei wenigen Industrien, etwa der Bauindustrie, ist die Nachfrage und die Beschäftigung signifikant zinsabhängig. Die Konjunktursteuerung erfolgt dann primär über diese Industrien und zieht dann andere Bereiche nach. Das verzerrt die Industriesstruktur.  Bei niedrigen Zinsen wird die Bauindustrie aufgebläht, bei hohen Zinsen bricht sie zusammen. Die anderen Industrien werden nur indirekt betroffen.  Es ist wie wenn man bei einem Auto nur ein Rad für Antrieb und Bremse nutzt.)

Die jetzige Entwicklung zeigt nun aber, dass nicht nur diese Probleme bei der Schuldenbremse bestehen, sondern dass die Schuldenbremse zudem massive Fehlanreize für die Politiker erzeugt.

Freitag, 20. Februar 2015

Der griechische Vorschlag

Ich halte die griechische Position für vernünftig. Die Austerity-Lösung ist nicht tragbar und nicht tragfähig und wurde den Griechen aufgezwungen. Es ist nur fair, der neuen griechischen Regierung ein paar Monate Zeit zu geben um eine bessere und, vor allem, langfristig tragfähige Lösung zu entwickeln, ohne Finanzierungstricks à la Schäuble. Die Griechen verlangen ja nur eine Überbrückung.

Ich hoffe also in diesem Fall auf einen Sieg der Vernunft über Schäuble. Mich stimmt dabei zuversichtlich, dass die Finanzwelt das gleiche Interesse haben dürfte. Sie wird Schäuble zu überzeugen wissen, und die Kanzlerin wird wohl (hoffentlich) auch in diese Richtung tendieren.

Donnerstag, 19. Februar 2015

Langzeit-Arbeitslosigkeit deformiert die Persönlichkeit

(Via Mark Thoma): Ein groß angelegte Studie über die Wirkungen von andauernde Arbeitslosigkeit über die Zeit zeigt, dass Arbeitslosigkeit nach einigen Jahren zu negativen Persönlichkeitsveränderungen führt, die dann auch die Wiedereinstrellungschancen reduzieren. Die Studie wurde von britischen Psychologen verfasst und basiert auf Daten über deutsche Arbeitslose.

Dienstag, 17. Februar 2015

Die Griechenland-Krise und das Chainstore-Paradox

Norbert Häring hatte die Verhandlungen der Euro-Gruppe mit Griechenland als ein Game of Chicken interpretiert und später als Poker gedeutet. Die Interpretation als Game of Chicken ist weit verbreitet, aber meines Erachtens nicht zutreffend. Das Game of Chicken geht so: Zwei Halbstarke fahren mit ihren Autos aufeinander zu. Wer zuerst ausweicht hat verloren. Bei den Verhandlungen mit Griechenland wird das so gedeutet, dass beide Parteien irgendeine Einigung besser ist als ein Scheitern der Verhandlungen und dass beide versuchen, nicht als erste nachzugeben.

Eine bessere spieltheoretische Analogie bietet aber Reinhard Seltens Chainstore-Paradox:  Eine Supermarktkette hat Filialen in einigen Orten und ist in jedem Monopolist. Wenn in einem dieser Orte ein Konkurrent einen Laden aufmacht, können beide Anbieter immer noch  Gewinn erzielen, aber der bisherige Anbieter würde seine Monopolposition verlieren und niedrigeren Gewinn erreichen als in der Monopolposition. Er kann den Marktzutritt des Konkurrenten aber durch Dumpingpreise verhindern oder ihn aus dem Markt drängen; dann würde er aber vorübergehend Verluste machen.

Jeder vernünftige Kettenladenbesitzer, so argumentiert Selten, würde sich für Dumping entscheiden, um die Dumping-Drohung für die anderen Orte glaubhaft zu machen und damit den Marktzutritt in den anderen Orten zu verhindern. Das ist aber spieltheoretisch irrational, wie in dem oben zitierten Wikipedia-Artikel sehr schön erklärt wird.

Auf Griechenland angewandt wird das von Thiess Büttner , dem Vorsitzenden des Wissenschaftlichen Beirats bei Finanzministerium, erläutert (via Norbert Häring):

Das Zugeständnis die bestehenden Vereinbarungen aufzugeben, würde aber die im Zuge der Eurokrise eingerichtete Sicherungsarchitektur beschädigen. ... Entscheidet sich die europäische Politik gegen eine Neuverhandlung und bliebe die griechische Regierung bei ihrer Haltung, käme es wegen der Ausfälle zwar zu einer erheblichen Belastung der Euroländer. Die Konditionalität des Hilfsprogramms bliebe aber unbeschädigt. ...  Können die mit Finanzhilfen verbundenen Vereinbarungen aber durch Druck einer Seite aufgegeben und nachverhandelt werden, würde die Glaubwürdigkeit dieses Systems nachhaltig beschädigt. 
Mit anderen Worten: Wenn Griechenland nachgegeben wird, werden andere Länder sich so verhalten wie Griechenland. Das insgesamt wird dann teurer als das Scheitern der  Verhandlungen mit Griechenland.

Der griechische Finanzminister Varoufakis kennt das. (Er bespricht das Chainstore-Paradox in seinem Buch über Spieltheorie auf S. 85.) Wir können also hoffen, dass er die Lage versteht, so schlimm sie ist, anders als sein Kollege Jannis Milios. Eine Lösung ist wohl nur denkbar, wenn eine Regel vorgeschlagen wird, die dann für alle Länder gleichermaßen gilt und unter den spezifizierten Bedingungen immer Anwendung finden kann. Die Verantwortlichen werden das wohl auch so sehen und hoffentlich zu einem derartigen Vorschlag kommen. Ich hatte in diesem Zusammenhang  eine regionalen Lohnindexierung vorgeschlagen, die die Wettbewerbsfähigkeit Griechenlands ohne Restriktionsmaßnahmen herstellen könnte und zugleich eine höhere Beschäftigung und damit höhere Steuereinnahmen ermöglichen würde.  Aber das ist nur ein Vorschlag von einem Ökonomen und politischen Laien.

Sonntag, 15. Februar 2015

Nahezu griechische Praktiken: Wolfgang Schäuble und Siegmar Gabriel wollen das staatliche Hauhaltsdefizit verstecken (auslagern) - zu sehr hohen Kosten


Bekanntermaßen hatten die Griechen ihre Staatsschulden vorübergehend  zu Goldmann-Sachs ausgelagert, zu sehr hohen Kosten, aber mit dem Effekt, dass diese Schulden aus dem Budget verschwanden und die Erfüllung der Konvergenzkriterien den Euro-Beitritt ermöglichte. Ähnliches, allerdings dauerhaft und in wesentlich größerem Maßstab, planen nun Schäuble, Gabriel und Dobrindt.

Das Prinzip ist einfach: Man möchte bestimmte Staatsausgaben, z.B. den Straßenbau,  mit Krediten finanzieren. Das ist an sich ein vernünftiges Anliegen, denn solche Investitionen lassen sich nicht aus den laufenden Einnahmen finanzieren. Eine Kreditfinanzierung  würde aber zu einer Erhöhung der staatlichen Kreditaufnahme führen und das zentrale Politikziel von Wolfgang Schäuble, die schwarze Null, unmöglich machen. Deshalb gründet man eine Unternehmung, die sich in Staatsbesitz befindet. Diese kann sich beliebig verschulden ohne dass das im Staatshaushalt aufscheint, da es sich ja um eine eigenständige Unternehmung handelt.

Genau das planen Schäuble, Gabriel und Dobrindt. Die Mittelbayerische Zeitung beschreibt das so:

In Zukunft könnten sämtliche Straßen des Bundes an eine Bundesfernstraßengesellschaft übertragen werden. Es geht dabei um nicht weniger als 12 917 Kilometer Autobahnen sowie 41 139 Kilometer Bundesstraßen. Die geplante Gesellschaft, die weiterhin in Bundesbesitz verbliebe, soll dann den kompletten Unterhalt dieses Straßennetzes übernehmen. Dafür bekäme sie allerdings keine Steuermittel aus dem Bundeshaushalt mehr, sondern müsste ihre Aufgaben aus Mauteinnahmen selbst finanzieren.
Darüber hinaus bestünde allerdings die Möglichkeit, notwendige Investitionen in die Bundesfernstraßen durch Kapital von privaten Investoren, etwa Versicherern, Banken, Fonds zu finanzieren. Dies könnte in Form von Krediten, Anleihen oder Genussrechten erfolgen.
Die Versicherungen sind begeistert. Wenn sie allerdings dieser staatlichen Bundesfernstraßengesellschaft Kapital zur Verfügung stellen, wollen sie natürlich Zinsen, das kann jeder verstehen, und diese wären durch den Besitzer der Gesellschaft, den Staat, garantiert. Die  Allianz denkt z.B. an 7% Rendite. 

Natürlich wäre es eine bessere Möglichkeit für alle (außer Allianz & Co.), wenn der Staat selbst Kredite zu 0,5% Zinsen für die Bundesfernstraßengesellschaft aufnimmt und diese der  Geselleschaft zu  1% Zinsen zur Verfügung stellt (statt der 7%, wie bei Allianz & Co.). Dann hätte die Bundesfernstraßengesellschaft geringere Kosten, der Staat hätte zusätzliche Einnahmen und die Autofahrer geringere Mautgebühren. Das gilt übrigens völlig unabhängig von dem augenblicklichen Zinsniveau, denn die Verzinsung von Staatspapieren ist immer geringer als die auf dem Kapitalmarkt herrschenden Zinsen, wegen des geringeren Risikos der Staatspapiere.

Bei der von Schäuble und Gabriel geplanten Auslagerung der Staatsschulden bekommen Allianz & Co. eine Verzinsung, wie sie für risikobehaftete Kredite marktüblich ist, die Kredite an die Bundesfernstraßenagentur sind jedoch durch den Staat verbürgt und damit risikofrei.  Ein gutes Geschäft für die Versicherungen auf Kosten der Autofahrer und der Steuerzahler! Wenn griechische Politiker soetwas machen würden, würde ich persönliche Vorteile der entscheidenden Politiker oder den Druck der Troika als Handlungsmotive im Hintergrund vermuten. In Deutschland haben wir aber keine Troika ... Oder anders ausgedrückt: Bisher habe ich von den dreien jedenfalls Wolfgang Schäuble für eine ehrliche Haut gehalten. Angesichts der Tatsache, dass dieses skandalöse Projekt verfolgt wird ohne dass ein Nutzen für die Bürger erwähnt wird (es gibt ja nur Kosten), rühren sich nun Zweifel.

Zur Erinnerung:  Im alten Grundgesetz hieß es in Artikel 115 Absatz 1 Satz 2
Die Einnahmen aus Krediten dürfen die Summe der im Haushalts­plan veranschlagten Ausgaben für Investitionen nicht überschreiten; Ausnahmen sind nur zulässig zur Abwehr einer Störung des gesamt­wirtschaft­lichen Gleich­gewichts.
Diese sinnvolle Regel ist durch die Schuldenbremse ersetzt worden, die kreditfinanzierte Investitionen ausschließt. Statt die Schuldenbremse zu kippen, wollen Schäuble, Gabriel und Dobrindt die Schulden, die beim Straßenbau entstehen, in eine ausgelagerte staatliche Unternehmung verschieben.

Die Investitionsbremse namens Schuldenbremse sollte durch eine sinnvolle Regelung ersetzt werden, z.B. durch die alte Grundgesetzregelung, und  Schuldenbestimmungen im Vertrag von Maastricht sollten durch sinnvolle Regelungen ersetzt werden, die dann natürlich europäisch überwacht werden müssen.

Übrigens: Die Schuldenbremse und Maastricht sind nicht nur direkte Ursachen für die gegenwärtige Deflationsproblematik,  die Schuldenbremse schützt nicht einmal vor Inflation!

Nachtrag 16.2.2015: Norbert Häring hat Muster für ein Protestschreiben an Ihren Abgeordneten und einen Link zum Finden Ihres Abgeordneten ins Netz gestellt. Ich werde das verwenden.

Nachtrag 16.2.2015: Hier mein etwas umformulierztes Schreiben an meine Abgeordneten:
Betreff Neue Autobahnfinanzierung
Sehr geehrter Herr .... , bitte verhindern Sie als mein Wahlkreisabgeordneter, dass Allianz, Deutsche Bank, Ergo und andere Finanzunternehmen die Refinanzierungskosten für die überregionalen Straßenverkehrswege zur eigenen Gewinnsteigerung und zu Lasten des Steuerzahlers von 0,5% auf 3 - 5 % anheben. Dies würde eine unglaubliche Subventionierung dieser Unternehmungen zu Lasten der Steuerzahler und Autofahrer bedeuten und zudem die (unbestritten notwendigen) Staatsschulden auslagern und damit kaschieren. Mit freundlichen Grüßen Ekkehart Schlicht 

 Ihren Wahlkreisabgeordneten finden Sie hier.


Montag, 9. Februar 2015

Reallöhne in Griechenland, Deutschland und der Eurozone

Ich vermute dass die Ablehnung eines Schuldenschnittes nur ein Vorwand ist, um die griechische Politik zu disziplinieren und Griechenland konkurrenzfähig zu machen. Jedenfalls legen das Äußerungen wie die des Vizepräsidenten des EU-Parlaments, Alexander Graf Lambsdorff (FDP), nahe.
Sieht man das so, so war die Troika erfolgreich, jedenfalls bezüglich der Reallohnentwicklung:

Reallohnentwicklung seit 2001. Quelle: AMECO


Die Kosten für Griechenland in Form von Arbeitslosigkeit und den damit verbundenen Steuerausfällen waren enorm:

Arbeitslosigkeit in Prozent  Quelle: AMECO

Aber das Rezept hat funktioniert. Man kann aber auch sagen: "Dieses Massaker hat gebracht was es sollte." Allerdings: Es hat mehr als doppelt so lange gedauert und fast doppelt so hohe Arbeitslosigkeit gebracht als anvisiert. Aber das ist ja bei Massakern und Kriegen die Regel.

Das jetzige Ergebnis hätte man übrigens mittels regionaler Lohnindexierung schneller und direkter haben können -- ohne Beschäftigungseinbruch, Einbruch bei den Steuereinnahmen, Schuldenkrise und Troika, aber mir ist natürlich klar dass das unrealistisch ist. Die sehr kostspielige indirekte Lohnkontrolle über Arbeitslosigkeit wird aus irgendwelchen Gründen der direkten Kontrolle vorgezogen. Wenn man aber konventionellen Maßnahmen den Vorzug gibt, sollte man sich die Ratschläge des Direktors des Kieler Instituts für Weltwirtschaft, Dennis Snower, genau zu Herzen nehmen.


Übrigens illustriert die Abbildung über die Reallohnentwicklung oben sehr schön, wie Deutschland in der Euro-Zone aus der Reihe tanzt. Vielleicht sollte man für Deutschland auch eine Troika einrichten, die in Deutschland Lohnerhöhungen erzwingt. Mit regionaler Lohnindexierung für Deutschland könnte man das aber leichter erreichen -- marktkonformer und weniger interventionistisch.

Donnerstag, 5. Februar 2015

Griechenland sollte sich glaubhaft an seine Zusagen binden


Die Welt beschreibt das  Griechenland-Desaster, Stand 2010 und liefert ein wenig Vorgeschichte. Griechenlands Beitritt wurde durch betrügerische Angaben seitens Griechenlands ermöglicht. Die verantwortlichen europäischen Politiker haben weggesehen. Es gibt auch zu denken was nach dem Beitritt Griechenlands geschah:
Zwar bekam Athen nun viel Geld aus Brüssel, um seine Wirtschaft zu modernisieren. Doch Papandreou setzte stattdessen lieber populistische Wahlkampfversprechen um: Löhne und Sozialleistungen wurden kräftig erhöht. Die Arbeitskosten kletterten jährlich um 20 Prozent - weit schneller als die Produktivität. Vor allem aber führte Papandreou die griechische Tradition fort, Loyalität mit Staatsposten zu erkaufen. So ließ der Regierungschef an einem einzigen Tag im Dezember 1984 gleich 50.000 "außerordentliche Beamte" einstellen.
Nicht nur die griechischen Sozialdemokraten, sondern auch die griechischen Konservativen haben nach diesem Muster stets extrem unverantwortlich gehandelt. Griechische politische Unzuverlässigkeit ist kein bloßes Stereotyp, wie Paul Krugman denkt. Es resultiert nicht daraus, dass wir alle den Film Alexis Sorbas geshen haben, sondern spiegelt die Erfahrung wieder.  Wie können die Europäer sicher sein, dass Tsipras sich nicht ebenso verhalten wird wie Andreas Papandreou, wenn es darum geht, die nächste Wahl zu gewinnen?

Finanzminister Varoufakis ist Mitverfasser eines Buches über Spieltheorie, in dem auch über glaubhafte und unglaubhafte Versprechen geschrieben wird. Auf S. 116 findet sich (auf den Fall der Versprechung gekürzt) folgende Definition:
Ein Versprechen welches, wenn es gehalten wird, der Partei, die dieses Versprechen gemacht hat, mehr kostet als wenn sie das Versprechen verletzt, ist ein unglaubwürdiges Versprechen.
Es wird ihm nicht schwer fallen einzusehen, dass die Europäer ein solches glaubhaftes Versprechen verlangen (ein "credible commitment"). Vielleicht ist das aber auch nicht möglich, denn die gegenwärtige Krise ist wohl nur ein Symptom. Das grundlegende Problem in Griechenland sind die Löhne, und damit die Lohnkosten, die seit dem Beitritt viel zu stark gestiegen sind. Das hat die griechische Wettbewerbsfähigkeit untergraben.

Herr Varoufakis sollte sagen, wie er sich die notwendige Lohnanpassung nach unten  bei der geplanten Beschäftigungsexpansion vorstellt.

Ich persönlich denke, dass wir, wenn den Griechen einfach die Schulden gestundet werden, doch über kurz oder lang wieder vor den gleichen Problemen stehen werden wie jetzt, eben wegen der mangelnden Konkurrenzfähigkeit Griechenlands.

Das Problem ließe sich aber m.E. relativ leicht über regionale Lohnindexierung lösen. Wenn die Griechen sich einer solchen Lösung unterwerfen würden, wäre ihre Wettbewerbsfähigkeit ähnlich wie bei flexiblen Wechselkursen automatisch und ohne Lohndämpfung über Arbeitslosigkeit gesichert. Ansonsten müssten sie über kurz oder lang wieder mit hoher Arbeitslosigkeit zwecks "interner Devaluierung" rechnen.

Ein Einverständnis Griechenlands, einen solchen oder einen gleichwertigen Anpassungsmechanismus einzuführen würde die griechischen Absichten jedenfalls glaubhaft machen. Aber vielleicht findet Herr Varoufakis eine andere glaubhafte Lösung.

Um die nationale Würde Griechenlands nicht zu tangieren, sollte sich Deutschland ebenfalls einem solchen Mechanismus unterwerfen, denn es ist von der vereinbarten Entwicklung ebenso wie Griechenland abgewichen, allerdings in die andere Richtung und in geringerem Ausmaß. Weil Deutschland aber bezüglich der Wirtschaftsleistung viel größer ist als Griechenland, sind beide Abweichungen für Europa ähnlich abträglich. Durch Indexierung würden die Löhne in Deutschland automatisch steigen und die innereuropäischen Ungleichgewichte, über die sich die europäischen Partnerländer zu Recht beschweren, könnten so ebenfalls gemindert werden.

Nachtrag (10.2.2015) Nachdem ich dieses Blog geschrieben hatte habe ich mir die Entwicklung der Reallöhne in Griechenland angeschaut. Ich war davon ausgegangen, dass die Reallohnanpassung noch nicht ausreichend sei. Das ist aber nicht der Fall. Die Reallöhne sind auf ein Normalmaß zurückgeführt worden. Wenn es gelingt, die Binnennachfrage ohne große Lohnerhöhungen zu erhöhen ist eine Beschäftigungssteigerung wohl problemlos möglich. Das ist aber nur eine grobe Einschätzung. Ich werde mir bei Gelegenheit noch die Außenhandelszahlen anschauen.
 

Sonntag, 1. Februar 2015

Eine europäische Fiskalpolitik ist vonnöten

Der Wirtschaftskommissar der EU, Pierre Moscovici hat richtig bemerkt: 
Wenn Europa kein Wachstum und keine Beschäftigung liefert, wenn es als eine Region der Sparhaushalte gesehen wird, wenn Europa nicht als eine Hoffnung, als Fortschritt erscheint sondern als eine Fessel, eine Strafe und als schmerzend wahrgenommen wird, wird das europäische Projekt nicht nur kritisiert, sondern abgelehnt werden.
Die Entwicklung in Griechenland hat überdeutlich gemacht, dass Sparhaushalte bei Unterbeschäftigung nicht zu Wachstum führen, wie die Troika es den Griechen versprochen hat und wie etliche Ökonomen,  darunter auch unseriöse, das immer noch behaupten. Natürlich steigt durch Sparhaushalte auch die Schuldenquote (Staatsschuld/Bruttosozialprodukt).

Kurz: Der europäische Instabilitäts- und Stagnationspakt (aka Stabilitäts-und Wachstumspakt) sollte durch ein Abkommen ersetzt werden, das aktive Fiskalpolitik ermöglicht. Der jetzige griechische Wirtschaftsminister hat dazu bereits 2013 zusammen mit zwei prominenten Koautoren einen wie mir scheint sinnvollen, auf jeden Fall aber erwägenswerten und zugleich sehr zurückhaltenden Vorschlag gemacht, der nicht speziell auf die jetzige griechische Problematik zugeschnitten war sondern solche Probleme für alle Mitgliedsländer vermeiden sollte.