Montag, 20. Oktober 2014

Ein interessanter und bedenkenswerter Vorschlag

Giacomo Corneo, Professor für öffentliche Finanzen and der Freien Universität Berlin, macht einen interessanten Vorschlag zur Bekämpfung der zunehmeneden Ungleichheit und sich ständig verschärfenden Vermögenskonzentration. Hier die Zusammenfassung seines Artikels:
In „Le capital au XXIème siècle“ plädiert Thomas Piketty für eine drakonische Kapitalbesteuerung, um das Auseinanderdriften der Vermögen zu stoppen. Aber wegen ihrer schädlichen Anreizwirkung sind die von ihm anvisierten Steuersätze zu hoch. Eine Kombination aus niedrigeren Steuersätzen und einer aufgewerteten Rolle des öffentlichen Eigentums ist der Politikempfehlung Pikettys überlegen. Ein staatlicher Investitionsfond und ein Bundesaktionär sind die passenden Institutionen, damit das öffentliche Eigentum zu einer tragenden Säule der Wirtschaftsordnung des 21. Jahrhunderts werden kann.
Seine Kernüberlegung ist:
Wenn sehr hohe Kapitalsteuern wegen ihrer negativen Anreizwirkung ausfallen und dennoch die Vermögenskonzentration als zu hoch bewertet wird, sollte die Umverteilung schon vor dem Steuerzugriff ansetzen. D.h.: bei der Inanspruchnahme der Kapitaleinkommen. Dies ist möglich, sobald sich ein ausreichender Teil des Kapitals der Volkswirtschaft im öffentlichen Eigentum befindet. Denn die entsprechenden Kapitalerträge können in diesem Fall vollkommen gleichmäßig durch eine soziale Dividende an alle Bürger verteilt werden, womit der zunehmenden Ungleichheit entgegen gewirkt wird....
Eine gute Idee!  Kuwait, Norwegen und andere (meist nicht demokratische) Staaten machen das wohl schon. Was spricht eigentlich dagegen? Just Maastricht, stupid. Denn
Betrachten wir einsteigend das Problem der Bildung des öffentlichen Kapitals. Hierzu bedarf es keiner Enteignung. Der Staat kann an das erforderliche Kapital in Form z. B. von Aktienvermögen über Markttransaktionen kommen. Finanziert werden seine Aktienkäufe durch die Emission von staatlichen Schuldtiteln. Bei einem solventen Staat wie Deutschland sind seine Finanzierungskosten sehr niedrig, sodass die Kosten der damit einhergehenden Neuverschuldung mit einem kleinen Teil der aus dem Aktienvermögen erwirtschafteten Kapitalrendite gedeckt werden können. Wenn beispielsweise diese Kapitalrendite 6 % und der Zins auf Staatspapiere 1,5 % betragen, reicht ein Viertel der Kapitalrendite aus, um die Refinanzierungskosten zu decken. Tatsächlich könnte der Staat eine weitaus höhere Rendite erzielen und bei einem solventen Staat, der sich zum risikolosen Zins finanziert, bliebe ihm nach Zinszahlung die volle Risikoprämie übrig.

Übrigens war der klassische Finanzwissenschaftler Justi bereits 1762 der folgenden Meinung:
Der Aufwand des Staates muss zuförderst aus seinem unmittelbaren Vermögen bestritten werden.
Darüber wird heute kaum gesprochen; warum eigentlich nicht? Die bayerischen Staatsforsten sind doch, wie ich höre,  ziemlich profitabel!

Donnerstag, 9. Oktober 2014

Stiglitz zur Wirtschaftspolitik in Deutschland

Die Huffington Post berichtet über Stiglitz' Stellungnahme zur verfehlten deutschen Wirtschaftspolitik. Er befürwortet eine europäische Bankenunion und Eurobonds, weist auf die katastrophalen wirtschaftlichen Konsequenzen der Sparpolitik hin und bemerkt zutreffend dass die Rekord-Außenhandelsüberschüsse  nur die Kehrseite der schwachen Binnennachfrage und der schlechten wirtschaftlichen Performance Deutschlands sind. (Bei höherer Binnennachfrage in Deutschland wären die Importe höher und damit die Exportüberschüsse geringer. Außerdem wären die Exporte anderer Länder dann höher und deren Exportüberschüsse würden zunehmen, oder deren Exportdefizite würden sich verringern.)
Sehr lesenswert! Ich kann nur beipflichten.
Übrigens hat sich Stiglitz auf dem Nobelpreisträgertreffen in Lindau auch zur Ungleichheitsdebatte um Piketti geäußert, ziemlich ähnlich wie ich in einem früheren Beitrag.

Freitag, 3. Oktober 2014

Ordoarithmetik


Hier ein Post von Paul Krugman in deutscher Übersetzung:

Francesco Saraceno ist entsetzt und wütend auf Hans-Werner Sinn der unter anderem sagt, dass eine Deflation in  Südeuropa notwendig ist um die Wettbewerbsfähigkeit wiederherzustellen. Warum nicht Inflation in Deutschland?
Aber Saraceno versteht hier die deutsche Logik nicht. Wie die Deutschen es sehen befand sich ihre Wirtschaft  zum Ende der neunziger Jahre in einer Depression. Sie reduzierten ihre Lohnkosten, bekamen damit einen riesigen Wettbewerbsvorteil und erzielten gigantische Außenhandelsüberschüsse. Folgerichtig ist ihr Rezept für einen globalen Aufschwung dass jeder deflationiert, einen riesigen Wettbewerbsvorteil bekommt und gigantische Außenhandelsüberschüsse erzielt.
Man könnte denken dass hier ein  rein rechnerisches Problem auftritt, aber in Deutschland haben sie ihre eigene intellektuelle Tradition.
Aber mal Spaß beiseite: So zerstört man den Euro, ob mit Absicht oder ohne.  Vielleicht ist aber die regionale Lohnindexierung doch keine so schlechte Idee.