Dienstag, 16. Dezember 2014

Wer behauptet der Sachverständigenrat sei unseriös, der untertreibt

In einem früheren Blog hatte ich in Aussicht gestellt, noch etwas zum neuesten Sachverständigenratsgutachten zu sagen. Zur Analyse des Mindestlohn habe ich mich geäußert, zur wachsenden Ungleichheit wollte ich auf die gleiche Auslassung hinweisen, die ich im früheren Jahresgutachten beanstandet hatte und die nun wieder vorliegt, und zur Frage der innereuropäischen Ungleichgewichte wollte ich bemängeln, dass der Sachverständigenrat eine Politik empfiehlt, die diese innereuropäischen Ungleichgewichte verstärkt.

Es ist aber nicht mehr nötig, sich noch in irgendeiner Weise zu Meinungen des Sachvertändigenrats zu äußern. Norbert Häring  vom Handelsblatt hat das Gutachten durchgesehen und genauer die Quellen geprüft, auf die sich der Sachverständigenrat bezieht. Er hat sehr kenntnisreich und sorgfältig gearbeitet -- weit besser als ich das hätte machen können -- und hat dokumentiert, dass der Sachverständigenrat falsch zitiert und Tatsachen verdreht. Martin Schürz, Abteilungsleiter bei der Österreichischen Nationalbank, findet, dass die Wirtschaftsweisen einen Artikel von ihm „selektiv rezipiert“ hätten und er bezeichnet das als  „unseriös“. Ich halte diese Einschätzung für eine völlige Untertreibung.


Freitag, 5. Dezember 2014

Die Bahncard sollte abgeschafft werden

Es gab Meldungen, wonach die Deutsche Bahn die Bahncard abschaffen wollte. Leider sind diese Meldungen aber wohl falsch.

Die Bahncard ermöglicht es der Bahn jene Kunden, die wenig Bahn fahren, monopolistisch auszubeuten.

Volkswirtschaftlich richtige Preise sollen den Ressourcenaufwand widerspiegeln, der zur Produktion eines Gutes oder einer Leistung erforderlich ist. Sonst wären sie keine richtigen Knappheitsindikatoren, die die Nachfrage gemäß der volkswirtschaftlichen Kosten richtig steuern könnten. Der volkswirtschaftliche Ressourcenaufwand für die Fahrt eines Passagiers ist völlig unabhängig davon, ob der Passagier Vielfahrer ist oder nicht.  Deshalb sollten alle, die im gleich Zug fahren auch den gleichen Preis zahlen.

Es geht hier also bei den Unterschieden zwischen Normalpreis und "reduziertem" Bahncardpreis  nicht um eine volkswirtschaftlich sinnvolle Preisdifferenzierung sondern um eine "Abschöpfung von Konsumentenrente", wie es in der Fachsprache heißt. Dabei ist es eine Illusion zu glauben, dass die Preise für Vielfahrer durch die Bahncard geringer würden. Die scheinbar ermäßigten Preise, die die Bahncard-Besitzer zahlen müssen, sind so gesetzt, dass sich der maximale Ertrag für die Bahn ergibt, dass also nicht zu viele auf andere Transportmöglichkeiten umwechseln. Diese Preise sind deshalb weitgehend unabhängig von der Existenz des Bahncard-Systems. Mittels der Bahncard kann man aber zusätzliche Einnahmen von den Vielfahrern erzielen und zudem höhere Preise für die Gelegenheitsfahrer setzen. Ohne die Bahncard wären die Fahrpreise für die Gelegenheitsfahrer geringer (genau so hoch wie für die Vielfahrer), weil sonst die Vielfahrer abspringen würden. Allerdings kann man mittels der Bahncard unterschiedliche Preise für verschiedene Gruppen von Fahrgästen durchsetzen. Ohne Bahncard wäre das nicht möglich. Volkswirtschaftlich ist dies, wie gesagt, ineffizient und nachteilig.

Die Bahncard ermäßigt nicht die Fahrkosten für Vielfahrer, ehöht aber die Fahrkosten für Gelegenheitsfahrer und führt zu einer volkswirtschaftlich falschen Allokation, insbesondere einer Reduktion der Nachfrage nach Bahnleistungen bei Gelegenheitsfahrern die auf das Auto umsteigen aber bei dem Bahncardtarif die Bahn benutzen würden.

Aber die Bahn hat ja noch weitere Differenzierungen im Auge. Gut, dass der Straßenbau vorangetrieben wird, denn wenn das so weitergeht wird immer noch mehr Verkehr auf die Strassen gedrängt. Das kostet Geld -- den Steuerzahler, aber nicht die Bahn.

Dienstag, 2. Dezember 2014

Deutschlands Tanz aus der Reihe schadet Europa


Paul Krugman hat das schön dargestellt:
Der Sachverhalt ist einfach aber wichtig. Nach der Einführung des Euro haben sich Ungleichgewichte gebildet, die mit der Überflutung der Peripherie mit Kapitalzuflüssen einhergingen. Diese Ungleichgewichte sind durch eine extrem schmerzhafte und sehr kostspielige Deflation unter Kontrolle gebracht worden. Wenn wir den Zeitraum von 1999 bis jetzt betrachten, hatte der größte Teil Europas Kostensteigerungen und Inflationsraten die ungefähr den langfristigen Zielvorstellungen der Europäischen Zentralbank entsprachen: einer etwas unter zwei Prozent liegenden Inflationsrate. Es gibt aber eine große Ausnahme:
Lohnstückkosten (blau) und Preisentwicklung (rot), Quelle: Link nach OECD- und IMF-Daten.
Damit ist das europäische Ungleichgewicht ein deutsches Problem, verursacht durch die fortwährende Verletzung des Inflationsziels das der Euro erforderlich macht. Die zu niedrige Inflationsrate in Deutschland führt zu einem Deflationsexport in den Rest Europas. Im Gegensatz dazu haben sich Frankreich, Spanien, und sogar Italien an die Spielregeln gehalten.
Die schwarze Null ist zum schämen.