Montag, 22. September 2014

Die schwarze Null ist ein teurer Spaß

Finanzminister Schäuble ist "froh und dankbar" daß es ihm gelungen ist, für 2015 einen ausgeglichenen Haushalt durchzusetzen. Das ist ein teurer Spaß, denn es dürfte unmöglich sein, dringend benötigte Infrasturkturinvestitionen aus den laufenden Einnahmen zu finanzieren. Das wäre so wie wenn ein Privathaushalt sein Eigenheim ohne Kreditaufnahme finanzieren sollte. Dann gäbe es nicht viele Eigenheime - jedenfalls nicht für junge Familien. Natürlich sollten Investitionen, die über Jahrzehnte Nutzen stiften, mit Krediten finanziert werden, die über die Nutzungszeit getilgt werden, ebenso wie Eigenheime. Dies zu ermöglichen ist ja gerade ein entscheidendes Plus des modernen Kapitalismus (und der Finanzmärkte). Wie Vickrey zutreffend bemerkt:
Wenn General Motors, AT & T, und einzelne Haushalte gezwungen gewesen wären, ihre Haushalte in der Weise auszugleichen, wie dies die fiskalischen Fundamentalisten von der Bundesregierung  verlangen, gäbe es keine Aktien und Anleihen, keine Bankkredite, und und viel weniger Autos, Telefone, und Häuser.
Ebenso wie private Haushalte sollten auch öffentliche Haushalte Kredite aufnehmen, wenn der Nutzen aus der Investition die Kosten für die Zinsen und die Tilgung der Kredite übersteigt. Ferner: Um rentabel zu sein erfordern private Investitionen komplementäre öffentliche Investitionen - und das läßt sich mit einem ausgeglichenen Haushalt nicht optimal bewerkstelligen, wie Arrow und Kurz 1969 gezeigt haben.

Wie aber die Zukunftsinvestitionen finanzieren, wenn die Schuldenbremse eine sinnvolle Finanzierung verbietet? Schäuble hat eine Lösung: PPP - Public private partnership. Der Spiegel berichtet:
Schäuble will private Investoren dazu bewegen, sich bei Bau und Betrieb von Straßen im Rahmen von sogenannten Public-Private-Partnerships stärker als bislang zu engagieren. So hofft er, Milliarden an Investitionen für die Infrastruktur zu mobilisieren, die dem Staat bislang fehlen.
Diese Investitionen können nur erfolgen, wenn hinreichende Einnahmen aus diesen Investitionen zu erwarten sind. Hier gibt es zwei Möglichkeiten. Nehmen wir wieder den Straßenbau.
  1. Der Staatshaushalt zahlt für die Nutzung der Straßen jährlich an die Investoren eine  Nutzungsgebühr.
  2. Die Straßennutzung wird privatisiert. Die Investoren erhalten das Recht, Straßennutzungsgebüren zu erheben. 
Beide Alternativen sind ökonomisch ineffizient und, im Vergleich zum öffentlich finanzierten Straßenbau, sehr teuer.

Ein wesentlicher Faktor ist hier, daß die Verzinsung von Krediten, die der Staat aufnimmt, wesentlich niedriger ist als die Verzinsung von sonstigen Krediten, gleich welcher Bonität. Wenn die privaten Investitionen sich rentieren sollen, müssen die Kosten für die Straßennutzung unter PPP  allein schon deshalb höher sein als bei öffentlicher Finanzierung. Im ersten Fall sind damit die Kosten für die Steuerzahler unter PPP höher als bei staatlicher Finanzierung, im zweiten Fall sind die Kosten für die Straßennutzung bei PPP höher als sie sein müßten, wenn der Staat die Finanzierung der Investitionen über die Erhebung von Straßennutzungsgebühren selbst bewerkstelligen würde.

Darüber hinaus gibt es im Straßenbau unter PPP massive Probleme bei der Qualitätssicherung und der Monopolkontrolle, im Vergleich zur Finanzierung öffentlicher Investitionen mittels öffentlicher Kredite.

Was der Staat besser kann als die Privaten sollte der Staat machen. Deshalb gibt es ihn.