Mittwoch, 17. April 2013

Reinhart-Rogoff

In einer einflussreichen Studie haben Carmen Reinhart and Kenneth Rogoff die These vertreten, daß Länder mit einer Staatsschuld von über 90% ungefähr 1% geringeres Wachstum haben als die Länder mit geringerer Staatsschuld. Diese These ist oft bezweifelt, ist aber letzthin weitgehend akzeptiert worden. Wie Paul Krugman bemerkt, hat sich die These wohl endgültig als  fehlerhaft herausgestellt. Mike Konczal bemerkt zu einem dieser Fehler in einer Excel-Tabelle, den er selbst genauer angeschaut hat:
"Ohne diesen Fehler wären die publizierten Ergebnisse nicht zustande gekommen. Dies erklärt auch zu einem guten Teil warum die Ergebnisse von anderen nicht repliziert werden konnten. Wenn es sich hier um einen tatsächlichen Fehler bei Reinhart und Rogoff handelt, kann man nur hoffen, dass künftige Historiker einmal anmerken werden: Einer der zentralen empirischen Thesen, die die intellektuelle Grundlage für die weltweite Restriktionspolitik im beginnenden zweiten Jahrzehnt dieses Jahrhunderts bilden, hat sich daraus ergeben, dass irgendwer zufälligerweise vergessen hatte, eine Zeile in einer Excel-Tabelle zu aktualisieren."
Vielleicht können künftige Historiker in diesem Sinne ebenfalls anmerken, dass eine der zentralen theoretischen Begründungen für die Restriktionspolitik um 2010, die Ricardianische Äquivalenzthese, auf der abwegigen Annahme beruht hat, dass die Haushalte Zinseinkünfte aus dem Besitz von Staatspapieren nicht zu ihrem verfügbaren Einkommen rechnen.

Nachtrag (17.4.2013): Auch der Spiegel hat über Reinhart-Rogoff berichtet.Die Schlußfolgerung, die der Spiegel zieht ist allerdings nicht zu halten. Dort heißt es
Was bleibt also am Ende von diesem Wissenschaftsskandal? Der Zusammenhang von hohen Schulden und schwachem Wachstum ist nicht zu leugnen. Er wird auch in der neuen Studie aus Massachusetts deutlich. Doch die Schwelle von 90 Prozent wird so schnell wohl kein Politiker mehr als Argument benutzen.
Der Zusammenhang von hohen Schulden und schwachem Wachstum beruht wahrscheinlich auf einem einfachen Fehlschluß. Wie Krugman bemerkt ist das Ergebnis im wesentlichen auf die Daten aus Italien und Japan zurückzuführen, bei denen die Staatschulden wegen des schlechten Wachstums gestiegen sind. Die naheliegende Frage der umgekehrten Kausalität (größere Staatsdefizite bei schlechter Konjunkturlage) ist überhaupt nicht behandelt, und die Wirkung der Schuldenpolitik auf die Schuldenquote ist ziemlich klar: Je weniger Sparpolitik bei Arbeitslosigkeit  um so geringer die Schuldenquote.


Nachtrag (24.11.2013) Tatsächlich war meine Argumentation bezüglich der Ricardianischen Äquivalenzthese fehlerhaft. Ich bin einem Fehler in  einer von Barros Arbeiten aufgesessen. The Ricardianische Äquivalenzthese ist tatsächlich zutreffend. Ich habe ein entsprechendes Erratum geschrieben in dem ich meinen Fehler klarstelle. Diese Notiz wird demnächst in Metroeconomica erscheinen. Ich bitte bei den Lesern dieses Blogs ebenso wir bei den beteiligten Herausgebern und Gutachtern um Entschuldigung und werde meinen Irrtum demnächst in einem Blog nochmals klarstellen..  

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